Wie deine Körperhaltung beeinflusst, wer du bist

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„Hast du mal 5 Minuten für mich?“ Wenn dein Chef dich das fragt, bekommst du vielleicht auch ein flaues Gefühl in der Magengegend und du zermarterst dir das Hirn, was wohl sein könnte.

Es gibt ja immer wieder Situationen, in denen wir uns klein, unwohl oder nicht gut genug fühlen. Manchmal sogar ganz ohne besonderen Auslöser. Einfach, weil wir uns schon eine ganz Weile so fühlen und sich das irgendwie als Grundzustand festgesetzt hat. Beobachte dich doch jetzt gerade mal, in welcher Stimmung du gerade diesen Text liest. Und dann schau mal, wie deine Körperhaltung aussieht. Ich gebe jetzt nur mal so einen Tipp ab: Nach vorne gebeugt, Füße oder Arme überkreuzt, Schultern eingerollt oder nach oben gezogen? Mund zusammengepresst? Ha! Erwischt. Dein Körper ist nämlich ein wunderbares Spiegelbild dafür, wie du dich im Innern gerade wirklich fühlst. Aber es gibt ein Gegenmittel, gegen Unwohlsein.

Soforthilfe: Power-Posten

Die amerikanische Sozialpsychologin Amy Cuddy empfiehlt sogenannte Power-Posen. Das sind Körperhaltungen, die dir Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein verleihen, auch wenn du dich im Moment nicht danach fühlst. Cuddy empfiehlt, diese Posen ca. 2min einzunehmen, um in das entsprechende Gefühl zu kommen.

Vom Hirn zum Körper oder doch andersrum?

Wahrscheinlich weißt du bereits, dass sich deine Körperhaltung mit deinem Gemütszustand ändert. Ist ein alter Hut: Wer Angst hat, zieht den Kopf ein. Wer traurig ist, lässt den Kopf und die Schultern hängen. Wer sich selbstsicher fühlt, macht sich groß. Was aber vielleicht neu für dich sein könnte: das ist keine Einbahnstraße, sondern funktioniert auch umgekehrt: Deine Gefühle lassen sich ändern, indem du bewusst eine andere Körperhaltung einnimmst. Dieses Wissen ist vor allem dann nützlich, wenn du in ein unangenehmes Gespräch gehen musst, wenn du aufgeregt vor einer Präsentation bist oder eine andere Herausforderung wuppen musst (und du dich gar nicht gewappnet fühlst). Oder einfach irgendeine Situation, die Stress bei dir auslöst.

Nochmal zurück zum Gespräch beim Chef. Du hast Angst, was jetzt wohl kommt. Angst ist eine Emotion, die dem Gehirn eine Gefahr für das Überleben signalisiert. Als Reaktion auf die gefährliche Situation veranlasst das Gehirn eine Schutzreaktion, um die überlebensnotwendigen Organe zu schützen. Sprich: Die Schultern rollen sich nach vorne, der Oberkörper duckt sich, der Körper macht sich klein und schützt sich damit so gut wie möglich. Das ist ein uraltes Überlebensprogramm, das wir alle haben.

Kopf an Hirn: Ich bin gelassen!

Nun funktioniert das Ganze aber auch andersherum. Du kannst ganz bewusst deine Körperhaltung in eine offene, entspannte und große Haltung verändern. Dein Gehirn erhält diese Information über die Muskeln. Deine Haltung ist nun offen und entspannt und so interpretiert dein Kopf das als „keine Gefahr mehr“. Und langsam breitet sich ein selbstbewusste Gefühl in dir aus. Die bewusste, offene Körperhaltung musst du ca. 2min machen, bis sich die positive Rückkoppelung für ein neues Gefühl einstellt und sich in deinem ganzen Körper ausgebreitet hat.

Mach den Schnelltest

Mach doch grad mal den Test: Wenn du gerade sitzt, mach dich einmal richtig klein, so als ob du dich unsichtbar machen wolltest. Zieh die Schultern hoch, verschränke die Arme vor deinem Körper und senke den Kopf. Wie fühlst du dich nach einiger Zeit?

Nun teste das genaue Gegenteil. Mach mal einen auf Wonderwoman. Stelle dich breitbeinig hin, stemme die Hände in die Hüften, strecke die Brust raus und ziehe die Schultern nach hinten. Wie fühlst du dich nach 2min?

Das ist übrigens auch der Grund, warum Lach-Yoga so gut funktioniert und heilend wirkt. Auch wenn man sich am Anfang voll dämlich vorkommt springt irgendwann der Funke dieser künstlichen Fröhlichkeit über und man kann gar nicht mehr anders, als sich gut fühlen. Lach-Yoga ist aber nur ein Beispiel (und nicht für jeden etwas. Für mich zum Beispiel nicht...). Aber eine Abwandlung wäre auch, einfach die Mundwinkel mal zwei Minuten nach oben ziehen. Erst wirkt das wie eine Grimasse, aber irgendwann beginnt ein wohliges Gefühl, sich von innen nach aussen breit zu machen.

Die Sozialpsychologin Amy Cuddy hat zusammen mit ihrem Team herausgefunden, dass sich Personen, die nur zwei Minuten lang eine Pose einnahmen, die viel Macht ausdrückt, nachweisbar selbstbewusster fühlen.

Die Veränderung wurde auch in der Zusammensetzung der Körperchemie nachgewiesen: Cuddy und ihr Team verglichen zwei Gruppen. Eine Gruppe sollte Posen einnehmen, die mit viel Macht assoziiert werden. Die andere Gruppe sollte Posen einnehmen, die mit wenig Macht assoziiert werden.

Sie nahmen jeweils vor und nach dem Einnehmen der Posen Speichelproblem. Das Ergebnis: Die Gruppe, die Power-Posen einnahm, hatte einen höheren Testosteron- und einen niedrigeren Cortisolwert.

Schau dir das inspirierenden Video von Amy Cuddy an

In ihrem TED Talk beschreibt sie ganz wunderbar, wie du deine Körperhaltung, insbesondere Power Posen dazu nutzen kannst, um dich sofort besser zu fühlen. Das Tolle an der Sache: wenn du das regelmäßig machst, verändert das nicht nur den aktuellen Moment, sondern mit der Zeit geht dir das in Fleisch und Blut über und du wirst automatisch zu einer selbstsicheren und selbstbewussten Person. Also nicht „fake it till you make it“, sondern „fake it till you become it“.

Cuddy nennt die Power-Posen einen „Körper-Verstand-Schubs“. Sie können dir helfen, mentale Blockaden zu überwinden. Denn das hast du bestimmt auch schon bemerkt, sich einfach einzureden, wie großartig du bist, kann echt schwierig sein (weil du es ja in dem Moment weder fühlst noch glaubst).

Die Körpersprache einer mächtigen Person anzunehmen, beeinflusst auch das Verhalten anderer Menschen auf uns.

Und wenn ich von Macht spreche, dann meine ich eher ein positives Obama-Machtverhalten als die negativen Trump-Machtposen. Wir senden damit neue Signale aus, so dass das Gegenüber automatisch (und unbewusst) anders reagiert.

„Wenn unsere Körpersprache souverän und offen ist“, so Cuddy, „reagieren andere Menschen auf eine Weise, die unbewusst nicht nur ihre Wahrnehmung von uns verstärkt, sondern auch unsere eigene Wahrnehmung von uns selbst.“

Das Gespräch mit dem Chef

Wie kannst du das nun für das Gespräch beim Chef einsetzen? Eine Power-Pose im Büro des Gesprächspartners zu machen, könnte ein bisschen schräg daher kommen. Man stelle sich vor, du machst dort erst mal einen auf WonderWoman. Das wäre wohl eher etwas irritierend für deinen Vorgesetzten und für den Gesprächsverlauf auch nicht wirklich zielführend.

Cuddy empfiehlt eine Pose, die sie zu Ehren des britischen Sängers Mick Jagger „Der Performer“ nennt. Streckt noch vor dem Gespräch eure Hände in die Luft und macht eure Grundhaltung breiter — als ob ihr euch nach der Zugabe zu einem Auftritt im Applaus badet. Macht dies dort, wo euch niemand sieht. (Tipp: Toilette ist da immer ein gutes Stichwort). Die Stellung für zwei Minuten beibehalten, um die Hormonveränderung in Bewegung zu setzen und das Selbstvertrauen zu fühlen, um im Gespräch anschließend souverän zu agieren.

Denken oder Bewegen? Beides!

Power-Posen sind ein mächtiges Tool, um dein Selbstbewusstsein durch Körperhaltung zu lenken. Viele versuchen ihre eingefahrenen Denkweisen, ausschließlich in ihrem Kopf zu lösen. Ich bin eine von denen. Und in den meisten Fällen funktioniert das auch ganz wunderbar. Ich empfehle darüber hinaus: Probiere ergänzend die Beeinflussung über den Körper, um eingefahrene Denkstrukturen zu unterbrechen. Die Körperhaltung zu verändern hat die erstaunliche Wirkung, Probleme, die im Kopf entstehen, auf einer anderen Ebene zu lösen.

Was sind nun genau diese PowerPosen?

Drei bekannte Posen stelle ich dir hier vor. Vielleicht spricht dich die ein oder andere an. Dann probiere sie einfach mal aus.

Power-Pose #1: Wonder Woman

Stelle dich dazu etwa schulterbreit hin und stemme die Hände in die Hüfte. Schiebe die Brust ein wenig raus und ziehe die Schultern nach hinten. Hebe das Kinn ein wenig.

Power-Pose #2: Chef-mäßig

Einfach mal die Füße auf den Tisch legen und im Stuhl zurücklehnen - was im eigenen Büro oder Zuhause gut funktioniert, ist allerdings im Großraumbüro eher ungeeignet. Alternativ kannst du die Beine auf dem Boden lassen, dich im Stuhl einfach zurücklehnen und die Hände hinterm Kopf verschränken, so dass die Ellbogen nach aussen zeigen. Diese Power-Pose ist sehr gut, um eine Pause zu machen, zu entspannen und den Testosteronspiegel nach oben zu schrauben.

Power-Pose #3: Die Siegerin

Was beobachtest du bei Sportlern, die den Wettkampf gewinnen? Sie werfen die Arme nach oben. Mach das auch mal. Einfach im Alltag, so ganz ohne Wettkampf. Schmeiße jeden Tag die Arme in die Höhe und feiere dich selbst. Dazu brauchst du keinen besonderen Grund. Einfach weil du du bist. Das reicht schon. 

Mach dich groß. Arme hoch. Und dann feier dich. Und zwar richtig. Spürst du den Unterschied? (Am Anfang ist das ein komisches Gefühl, aber du wirst dich ziemlich schnell daran gewöhnen…).

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Fazit

Du kannst deinen momentanen Gefühlszustand über eine Veränderung in deiner Körperhaltung verändern. Wenn du regelmäßig Power-Posen einnimmst, werden sich Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl bei dir dauerhaft integrieren, sie werden ein Teil von dir und das wirst du ausstrahlen. Dadurch entfaltest du dich automatisch immer mehr, und das wird es sein, worauf andere reagieren. Eine wunderbar sanfte Form der Veränderung.

Probier es aus.

Herzlich, deine Sara

PS. Manchmal muss man neben dem Posen aber doch nochmal genauer das Denken anschauen. Nämlich dann, wenn sich auf Dauer nichts verändert, sondern die unwohlen Gefühle bleiben. Dann komm zum Seminar. Manchmal müssen wir einfach den Schalten im Kopf erst umlegen: http://www.sararuf.com/seminare/

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